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Romantic Schmuddelwetter (drizzly, mucky weather)? In my old home in northern Germany, people like to say we have London weather. The comparison to the English metropolis is, of course, a stretch. Putting yourself in the same sentence as London is chic. The weather comparison, however, is not far off. It really does rain a lot. Trying to plan for good weather is pointless.
It wasn't until I was older that I realized we in the north had even invented our own words for the sad weather. Schmuddelwetter, for grey, slushy, wet-cold weather, and Nieselregen, for a gentle drizzle. "It's not raining, it's drizzling," people like to say, not to differentiate, but to ensure that this bit of drizzle isn't accepted as an excuse. "Otherwise, you might as well just stay inside all year."
During my university years, I moved away from the green suburb in the west of the city, with its many parks and the Elbe river beach. I took a room in a student shared flat not far from the university. Instead of fancy boutiques, there were student cafés, kebab shops, bars, and so many more young people—and just people in general—on the streets. Often, the weather didn't cooperate, or rather, it played its usual game—and I would walk to the bus stop in the dawn gloom with my umbrella and take the number 4 bus, which took me directly to campus. The bus floor was smattered with droplets and small puddles. The large windowpanes, too, were decorated on the outside with hundreds of little raindrops. On the inside, they were fogged up. In the morning's gloom, I would watch as the drops transformed into little rivers of water, sweeping up other droplets in their flow.
On the way home after a long day, my eye fell on a middle-aged woman. She had dark, curly hair and her skin had a brownish glow. She was smiling, and in this still life, I noticed that my gaze had landed on her because she was the only person on the fairly full bus who was smiling. Who wore any expression on her face at all, really. I awoke from my lethargy because she looked directly at me, and it felt like someone was nudging my shoulder to wake me up. She smiled with her dark, kind eyes, and I found myself smiling back. She got off two stops before me. The bus drove away, I watched her go, and she turned around. In my memory, I like to think she gave me a nod of farewell.
It was an afternoon in late autumn and already dark outside. I got off on Osterstraße and walked down a small side street. The ground was wet and lined with large brown-red maple leaves. Cars swished behind me on the wet Osterstraße. Under my shoes, every step squelched on the wetness of the leaves. I looked up at the lit windows of the brick houses. They brought a warmth to my heart, just as the unexpected smile from the woman had moments before. Why had I never felt the lights in this way before? I lowered my gaze to the wet pavement, its surface weaving yellow lines from the streetlights. The smell, the colours, and the sounds were as familiar as home itself. "London weather," I thought to myself, without reflecting on the thought. If it was going to rain all year anyway, I could also just choose to like it.
It's something I still like to tell myself to this day. Even the rain in a faraway place sounds a little like home to me.
Heimat
Romantisches Schmuddelwetter? In meiner alten norddeutschen Heimat sagt man gerne, wir haben London-Wetter. Der Vergleich mit der englischen Weltmetropole hinkt natürlich. Sich in denselben Satz wie London zu nennen ist schick. Der Wettervergleich hinkt hingegen nicht. Es regnet wirklich viel. Gutes Wetter einzuplanen ist zwecklos.
Erst als ich älter wurde, stellte ich fest, dass man im Norden sogar eigene Wörter für das traurige Wetter erfunden hatte. Schmuddelwetter, für graues, matschiges, nasskaltes Wetter und Nieselregen, für sanften Regen. „Es regnet nicht, es nieselt“ sagt man gerne, nicht zum Zweck einer Differenzierung, sondern um das bisschen Nieselregen nicht als Ausrede gelten zu lassen. „Sonst kann man ja gleich das ganze Jahr drinnen verbringen.“
In der Studienzeit zog ich weg aus dem grünen Vorort im Westen der Stadt, mit seinen vielen Parks und dem Elbstrand. Ich nahm ein Zimmer in einer Studenten-WG unweit der Uni. Statt feiner Boutiquen fanden sich Studentencafés, Dönerläden, Bars und viel mehr junge Leute – und überhaupt Menschen -in den Straßen. Häufig spielte das Wetter nicht mit, oder halt sein übliches Spiel - und ich lief mit Regenschirm im Morgengrauen zur Bushaltestelle und nahm den 4er-Bus, der mich direkt zur Uni brachte. Der Boden im Bus war übersät von Tropfen und kleinen Pfützen. Auch die großen Fensterscheiben waren von außen mit hunderten kleinen Regentropfen verziert. Von innen waren sie beschlagen. In der morgendlichen Tristesse verfolgte ich wie sich die Tropfen zu kleinen Wasserstraßen verwandelten und auf ihrer Fahrt weitere Tropfen mit sich rissen.
Auf einer Heimfahrt nach einem langen Tag fiel mein Auge auf eine Frau im mittleren Alter. Sie hatte dunkle, lockige Haare und ihre Haut einen bräunlichen Glanz. Sie lächelte und in diesem Stillleben bemerkte ich, das mein Blick auf sie gefallen war, weil sie die einzige im gut gefüllten Bus war, die lächelte. Und überhautp einen Ausdruck auf ihrem Gesicht trug. Ich erwachte aus meiner Lethargie, denn sie sah mich direkt an und es fühlte sich an, als stöße mich jemand an der Schulter an, damit ich aufwache. Sie lächelte aus ihren dunklen freundlichen Augen und auch ich musste lächeln. Sie stieß zwei Stationen vor mir aus. Der Bus fuhr ab, ich schaute ihr nach und sie drehte sich um. In meiner Erinnerung bildete mir ein, dass sie mir zum Abschied zunickte.
Es war ein Nachmittag im Spätherbst und draußen war es bereits dunkel. Ich stieg in der Osterstraße aus und lief eine kleine Seitenstraße hinab. Der Boden war nass und gesäumt von großen braun-roten Ahornblättern. Die Autos rauschten hinter mir über die nasse Osterstraße. Unter meinen Schuhen schmatzte jeder Schritt auf dem Nass der Blätter. Ich blickte zu den beleuchteten Fenstern der Backsteinhäuser hinauf. Sie trugen Wärme in mein Herz, genauso wie es das unerwartete Lächeln der Frau gerade getan hatte. Warum hatte ich die Lichter vorher nie auf diese Art gespürt? Ich senkte meinen Kopf und blickte auf den nassen Gehweg, auf dessen Oberfläche die Lichter der Straßenlaternen gelbe Linien warten. Der Geruch, die Farben und die Geräusche waren so altbekannt, wie die Heimat selbst. „London-Wetter“ dachte ich bei mir ohne meinen Gedanken zu reflektieren. Wenn es ohnehin das ganze Jahr regnete, könnte ich mich doch auch dazu entscheiden, es zu mögen.
Das sage ich mir auch heute immer wieder gerne. Selbst der Regen in der Ferne klingt für mich ein wenig wie Heimat.


Danke für deine wunderschöne Beschreibung dieser Stadt, die meine Heimat ist. Ich habe die englische Version gelesen und genossen!
Liebe Grüße, Marlies H.